Fenchel gehört zu den ältesten Heil- und Gewürzpflanzen der Menschheit. Schon im antiken Ägypten wurde er zur Verdauungsförderung eingesetzt. In der griechischen Mythologie war er dem Gott Dionysos heilig. Die Römer nutzten ihn für Magenstärkung, Atemfrische und als Zutat im sogenannten „Feniculum-Krautwein“.

Im Mittelalter verbreitete sich der Fenchel über Klostergärten in ganz Europa. Im berühmten Kräuterbuch von Leonhart Fuchs (1543) wird Fenchel als Pflanze gegen „Wind“ (Blähungen) gepriesen. Auch in der Volksmedizin war Fenchel bis weit ins 20. Jahrhundert fixer Bestandteil der Hausapotheke.

Hildegard von Bingen schätzte den Fenchel überaus hoch und bezeichnete ihn als eine der wichtigsten Pflanzen für die tägliche Ernährung:

„Wie auch immer der Fenchel gegessen wird, er macht den Menschen fröhlich, gibt ihm eine schöne Farbe, einen guten Geruch und gute Verdauung.“

Für sie war Fenchel nicht nur Heilmittel, sondern ein Lebensmittel mit heilender Wirkung – ein zentrales Prinzip ihrer Lehre. Sie empfahl Fenchel sowohl roh als auch gekocht, als Suppe oder Gewürz, besonders bei Verdauungsbeschwerden, chronischer Schwäche oder Atemwegserkrankungen. Auch Fenchelsamen kamen in ihrer Pflanzenmedizin zum Einsatz – bei Magenverstimmung, Schleimbildung und zur Ausleitung „schädlicher Säfte“.

Die wertvollen Wirkstoffe des Gewürzfenchels konzentrieren sich vor allem in den Früchten (korrekt botanisch: Spaltfrüchte).

Hauptinhaltsstoffe:

  • Ätherische Öle (4–6 %), insbesondere
    – Anethol (wirkt entkrampfend, schleimlösend, antibakteriell)
    – Fenchon (bitter, verdauungsfördernd)
    – Estragol (in Spuren, siehe Hinweis unten)
  • Flavonoide – antioxidativ, entzündungshemmend
  • Cumarine – krampflösend, gefäßerweiternd
  • Fettsäuren, Proteine, Ballaststoffe
  • Mineralstoffe: Kalium, Kalzium, Eisen
  • Vitamine: B-Gruppe, Vitamin C

Der Unterschied zum Gemüsefenchel liegt im Detail: der Gemüsefenchel bildet eine Knolle, schmeckt milder und wird frisch gegessen – gekocht oder roh. Der Gewürzfenchel hingegen bildet keine Knolle, wächst aufrecht und bringt deutlich mehr ätherisches Öl in seinen Samen hervor. Die Wirkung ist dadurch intensiver, auch das Aroma kräftiger. Der eine ist sanft, der andere kraftvoll – beide haben ihren Platz, auch im Garten.

Was oft vergessen wird: der Gewürzfenchel ist auch eine wertvolle Pflanze für Insekten. Wenn man ihn blühen lässt – was man unbedingt tun sollte, zumindest ein paar Exemplare –, wird er zur späten Nahrungsquelle für Wildbienen, Schwebfliegen und Schlupfwespen. Und er ist eine der liebsten Futterpflanzen für die Raupen des Schwalbenschwanzes. Wer also Fenchel im Garten stehen lässt, tut nicht nur sich selbst, sondern auch der Artenvielfalt etwas Gutes.

Fencheltee für Säuglinge – das war lange ein Klassiker in der Hausapotheke. Bei Bauchweh, Koliken, Blähungen gab’s den berühmten „Fenchel-Kümmel-Anis“-Tee, liebevoll abgekocht und lauwarm eingeflößt. Und ja, Fenchel wirkt: er ist entkrampfend, verdauungsfördernd, mild schleimlösend. Das ist gut belegt und kein alter Aberglaube. 

Aber: Inzwischen ist man vorsichtiger geworden – nicht, weil Fenchel plötzlich gefährlich wäre, sondern weil in ätherischen Ölen, vor allem in nicht kontrollierten, selbst abgekochten Tees, der Stoff Estragol enthalten sein kann. Estragol steht unter Verdacht, in höheren Mengen krebserregend zu wirken – allerdings nur in Tierversuchen mit sehr hohen Dosen. Trotzdem: für Säuglinge mit ihrem empfindlichen Organismus wird Vorsicht empfohlen. Nicht jedes Bauchweh braucht eine geballte Pflanzenladung. 

Die Empfehlung heute lautet: keine selbst aufgebrühten Fencheltees aus losen Samen oder Filterbeuteln für Babys unter 6 Monaten, schon gar nicht täglich oder über längere Zeit. Wer dennoch nicht auf Fenchel verzichten will, sollte nur apothekengeprüfte Baby-Fenchelprodukte verwenden – die sind so verarbeitet, dass der Estragol-Anteil minimal und unbedenklich ist. Es gibt z. B. speziell deklarierte Säuglings-Teemischungen, die geprüft, dosiert und klar gekennzeichnet sind. Oder man lässt es einfach ganz weg und hilft dem Baby auf andere Weise: Wärme, Nähe, Bauchmassage, kleine Mengen Fenchel über die Mutter (z. B. als Tee in der Stillzeit) – das reicht oft völlig aus. 

Ich schätze den Fenchel sehr – nicht als Wunderpflanze, sondern als treuen Begleiter. Er kommt ohne große Bühne aus, aber er wirkt.
Hinweis zur Anwendung von Heilkräutern

Die in meinen Beiträgen vorgestellten Heilpflanzen und Kräuterrezepte basieren auf traditionellem Wissen, langjähriger Erfahrung sowie fundierter Pflanzenkunde. Dennoch ersetzen sie keine ärztliche Diagnose oder Behandlung.

Bitte beachte:

  • Nicht jede Pflanze ist für jede Person geeignet.
    Besonders während der Schwangerschaft, Stillzeit oder bei chronischen Erkrankungen sollte die Anwendung von Heilkräutern nur in Rücksprache mit einer Ärztin, einem Arzt oder einer erfahrenen Heilpraktikerin erfolgen.
  • Kinder unter 12 Jahren reagieren oft empfindlicher auf pflanzliche Wirkstoffe – hier bitte besonders achtsam sein.
  • Auch pflanzliche Präparate können Nebenwirkungen haben oder mit Medikamenten in Wechselwirkung treten.
  • Achte immer auf saubere Ernte, richtige Dosierung und schonende Zubereitung. Weniger ist oft mehr.

🌱 Heilkräuter sind kraftvolle Begleiter – wenn wir sie mit Achtsamkeit, Respekt und Wissen anwenden.


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