Oder nur Schneider, so lautete der Trivialname der Kornblume früher in Österreich. Sie gehört zu den Pflanzen, die man früher überall gesehen hat – zwischen den Getreidehalmen, am Wegrand, in jeder Kindheitserinnerung mit Sommerduft. Heute ist sie seltener geworden, weil moderne Landwirtschaft auf „sauber“ setzt – und damit auf Felder ohne Wildblumen. Aber genau diese sogenannten „Unkräuter“ wie die Kornblume sind es, die für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge überlebenswichtig sind.

Botanisch hört sie auf den Namen Centaurea cyanus und zählt zur Familie der Korbblütler. Sie ist einjährig, liebt Sonne und mag’s eher mager als zu nährstoffreich. Wer sie im Garten ansiedeln will, sät sie am besten direkt ins Beet – ab April geht’s los. Sie keimt flott, blüht den ganzen Sommer über, und wenn man sie nicht gleich abschneidet, sät sie sich oft ganz von selbst wieder aus.

Ihre auffallend hellblauen Blüten – sogenannte cyanfarbene Zungenblüten – haben der Kornblume nicht nur das botanische Artepitheton cyanus, sondern auch den alten Namen „Zyane“ eingebracht. Der deutsche Name „Kornblume“ ist bereits seit dem 15. Jahrhundert nachgewiesen. Auch die lateinische Bezeichnung Flores frumentorum („Kornblumen“) bezieht sich auf ihre einstige Heimat mitten im Kornfeld. Sie war kein Ziergast, sondern ein echtes Ackerbegleitkraut – bis Pestizide und intensiver Ackerbau sie an den Rand drängten.

Die Gattungsbezeichnung Centaurea ist ebenfalls geschichtsträchtig. Schon Hippokrates verwendete den Namen für blaublühende Pflanzen, vermutlich aus der Familie der Enziangewächse. Das griechische „kentaureios“ bedeutet so viel wie „zu den Kentauren gehörig“ – mythologische Mischwesen aus Mensch und Pferd. Der weise Centaur Chiron soll mit einer Pflanze dieser Art die Wunde des Helden Achilles geheilt haben. Ob es wirklich die Kornblume war, wissen wir nicht – aber die Legende unterstreicht ihre symbolische Kraft als Heilerin. Friedrich Schiller wiederum greift in einer seiner Xenien ein anderes Bild auf: die römische Göttin Ceres mit Kornblumen im Haar, die über die Felder schreitet und die blauen Blüten wie Segen auf das reife Getreide streut. Man sieht: Diese kleine Blume war tief verwurzelt in Mythos, Medizin und Poesie.

Auch in der Volksmedizin hat sie sich ihren Platz bewahrt. Besonders bei Augenproblemen wurde sie geschätzt – daher auch Namen wie „Augenblume“ oder „Brillenblume“. Die enthaltenen Schleimstoffe, Flavonoide und Gerbstoffe wirken reizlindernd und entzündungshemmend. Kornblumentee wird innerlich bei Magenunruhe oder zur sanften Entwässerung getrunken, äußerlich als Aufguss oder Kompresse gegen entzündete Augen oder gereizte Haut verwendet. Ihre Wirkung ist sanft, unterstützend, nie drastisch – eher wie eine gute Freundin, die einem durchs Auf und Ab des Sommers hilft.

Für Insekten ist die Kornblume ein echtes Highlight. Ihre offenen Blüten sind eine wertvolle Nahrungsquelle, gerade in Zeiten, in denen viele andere Wildpflanzen schon verblüht sind. Wildbienen, Schmetterlinge und Honigbienen stürzen sich regelrecht auf sie. Wer also ein Stück Artenvielfalt in den Garten holen will, sollte ihr unbedingt einen Platz geben. Sie braucht nicht viel, dafür gibt sie umso mehr zurück: Farbe, Leben, Geschichte.

Die Kornblume erinnert uns daran, dass Schönheit oft dort blüht, wo wir nicht mehr hinschauen. Und dass Artenvielfalt nicht nur mit großen Projekten zu retten ist, sondern auch mit einer Handvoll Samen im Garten oder auf dem Balkon. Wer sie einmal im Sommer blühen sieht – dieses klare, strahlende Blau –, wird sie nicht mehr missen wollen

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