
Wenn ich an Rosmarin denke, denke ich an Sonne, Wärme und den würzigen Duft des Südens. Vor 15 Jahren bekam ich ein kleines Töpfchen mit einem zarten Pflänzchen geschenkt – kaum größer als meine Handfläche. Ich pflanzte es ein an einem Standort für viele Pflanzen zu trocken und zu warm ist und heute steht er als mächtiger, knorriger Strauch in meinem Garten, über einen Meter hoch, breit verzweigt.

Immer wenn ich an ihm vorbeigehe, muss ich ein wenig an seinen Nadeln reiben. Der Duft, der dabei aufsteigt – warm, kräftig, leicht harzig und doch frisch – erinnert mich an viele Sommer, an Lagerfeuer, an das Leben draußen.
Rosmarin, botanisch Salvia rosmarinus (früher Rosmarinus officinalis), gehört zur Familie der Lippenblütler und stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Dort wächst er wild an sonnigen, steinigen Hängen. Seine nadelartigen, immergrünen Blätter enthalten ätherische Öle wie Cineol, Kampfer und Borneol, dazu Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe und die wertvolle Rosmarinsäure. Diese Stoffe machen ihn zu einem vielseitigen Heil- und Gewürzkraut.
Innerlich angewendet wirkt Rosmarin anregend, kreislaufstabilisierend und verdauungsfördernd. Ein Rosmarintee bringt am Morgen frischen Schwung: Dafür einen Teelöffel getrocknete Blätter mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 5–8 Minuten ziehen lassen und vorzugsweise am Vormittag trinken. Bei Muskelverspannungen oder kalten Füßen entfaltet ein Rosmarinbad oder eine Massage mit Rosmarinöl seine durchblutungsfördernde und wärmende Wirkung. Für ein einfaches Massageöl mischt man 10 Tropfen ätherisches Rosmarinöl mit 100 ml Mandel- oder Olivenöl. Auch die Leber- und Gallenfunktion wird durch Rosmarin unterstützt – er gilt als klassisches Bittermittel.
In der Küche ist Rosmarin ein mediterraner Klassiker. Sein kräftiges Aroma passt besonders gut zu Kartoffeln, Gemüse, Lamm, Geflügel, Fisch, Tomatengerichten, Brot und Kräuterbutter. Er lässt sich sowohl frisch als auch getrocknet verwenden. Besonders aromatisch wird Rosmarin, wenn er mitgegart wird – oder als Zweig auf die Glut gelegt, um Grillgut zu aromatisieren. Auch in Kräuteröl, Essig oder als Rosmarinsalz ist er vielseitig einsetzbar.
Rosmarin sollte jedoch mit Bedacht eingesetzt werden. In der Schwangerschaft wird von innerlicher Anwendung abgeraten, da er wehenfördernd wirken kann. Menschen mit Epilepsie oder hohem Blutdruck sollten Rosmarin – besonders in Form von ätherischem Öl – nur nach fachlicher Rücksprache verwenden. Für Kleinkinder unter sechs Jahren ist Rosmarinöl nicht geeignet.

Rosmarin blickt auf eine lange und ehrwürdige Geschichte zurück – als Heilpflanze, als Ritualkraut und als Symbolträger in vielen Kulturen. Schon in der Antike war er hochgeschätzt: Die Griechen sahen in ihm ein Sinnbild der Erinnerung. Schüler und Philosophen banden sich Rosmarinkränze um den Kopf, um die Konzentration zu fördern und das Gedächtnis zu stärken. Noch heute heißt es: „Rosmarin fürs Gedächtnis“.
Die Römer weihten ihn der Liebesgöttin Venus und verbrannten ihn bei Zeremonien, um böse Geister zu vertreiben. Rosmarin wurde bei Hochzeiten als Zeichen der Liebe und Treue verschenkt – ein Brauch, der sich in Teilen Europas bis heute gehalten hat.
Im Mittelalter fand Rosmarin nicht nur Einzug in Klostergärten und Apotheken, sondern auch in die Hausmagie und das Brauchtum. Man räucherte mit Rosmarin zur Reinigung von Räumen und Stallungen, um Krankheiten oder schlechte Energien fernzuhalten. Besonders bekannt wurde das „Ungarische Wasser“ – ein Destillat aus Rosmarin und Alkohol, das der Legende nach der alternden ungarischen Königin Elisabeth ihre Jugend zurückgegeben haben soll. Es gilt als eines der ältesten bekannten Schönheitswässer und wurde über Jahrhunderte als Heil- und Kosmetikmittel geschätzt.
Auch in der Pestzeit war Rosmarin gefragt: Man trug Sträußchen aus Rosmarin bei sich oder verbrannte ihn zur Luftreinigung. Sein kräftiges Aroma galt als schützend und stärkend – körperlich wie seelisch.
In der Volksheilkunde und im Brauchtum Mittel- und Südeuropas blieb Rosmarin ein geschätzter Bestandteil von Kräuterbuschen, Räucherwerk und Heilmitteln. Er war Symbolpflanze für Klarheit, Schutz, Liebe und Leben – und ist es bis heute geblieben.
In der alten Volksheilkunde und Kräutertradition wurde Rosmarin auch als Weihrauchkraut, Brautkraut, Kranzkraut oder Hochzeitskraut bezeichnet – Hinweise auf seine rituelle Verwendung in Liebes- und Schutzbräuchen. Als „Kranzkraut“ schmückte er Kränze bei Hochzeiten, als Symbol der Treue, und begleitete als „Totengedächtniskraut“ die Verstorbenen auf ihrem Weg – ein Zeichen ewiger Erinnerung.
Im Mittelalter galt er als Bestandteil des „Kranz der Tugenden“ in Klostergärten – neben Salbei, Lavendel und Thymian. Als „Kraut der Treue“ und „Kraut des klaren Geistes“ hatte er einen festen Platz in Brautsträußen, Haussegen und Studentenkränzen.
In der Signaturenlehre sah man im wärmenden, durchdringenden Aroma und in den nadelartigen Blättern die Kraft des Feuers – ein Hinweis auf seine anregende, belebende Wirkung auf Kreislauf, Geist und Herz. Seine Namen erzählen von dieser Wirkung: Herzkräutlein, Lebensfeuerkraut, Seelenwärmer.
So steht der Rosmarin bis heute für mehr als nur Würze: Er ist ein Kraut der Erinnerung, der Stärke und der Liebe – verwurzelt in der Geschichte, lebendig im Garten, und kraftvoll in jeder Anwendung.
Ein ganz besonderer Zauber geht von seinen Blüten aus. Bereits im zeitigen Frühjahr öffnet mein alter Strauch seine zarten, blauen bis violetten Blüten. Sie duften fein und ziehen Scharen von Bienen, Hummeln und anderen Insekten an. Rosmarin ist ein wertvoller Bienenmagnet und bietet Nahrung, wenn im Garten noch nicht viel blüht.
Ich setze mich dann oft daneben, beobachte das Summen, reibe mir ein Blatt zwischen den Fingern – und bin dankbar für diesen kraftvollen, treuen Begleiter im Jahreskreis.

Steckbrief
- Rosmarin – Salvia rosmarinus
- Würzig. Stärkend. Mediterran.
- Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
- Herkunft: Mittelmeerraum
- Wuchs: Immergrüner Halbstrauch, bis 1,5 m hoch
- Blätter: Nadelartig, silbrig-grün, aromatisch
- Blüten: Blau bis violett (selten rosa/weiß), März–Mai
- Standort: Sonnig, warm, durchlässiger Boden
- Winterhart: Je nach Sorte, Winterschutz empfohlen
- Vermehrung: Stecklinge, Samen, Teilung
- Inhaltsstoffe:
- Ätherische Öle (Cineol, Kampfer), Rosmarinsäure, Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe
- Heilwirkungen:
- – Kreislauf- und durchblutungsfördernd
- – Anregend bei Erschöpfung
- – Verdauungsfördernd und krampflösend
- – Äußerlich bei Muskel- und Gelenkbeschwerden
- Verwendung:
- – Innerlich: Tee, Tinktur
- – Äußerlich: Massageöl, Bad, Kompresse
- – Küche: Würzkraut für Kartoffeln, Fleisch, Gemüse, Brot, Öle
- Nicht anwenden:
- – Während der Schwangerschaft (innerlich)
- – Bei Bluthochdruck, Epilepsie (ätherisches Öl)
- – Nicht für Kinder unter 6 Jahren (ätherisches Öl)
- Besonderes:
- – Symbol für Erinnerung & Liebe
- – In der Antike & Volksheilkunde hochgeschätzt
- – Bienenmagnet im Frühling
Hier sind einige einfache und vielseitige Rezepte mit Rosmarin – für Küche, Hausapotheke und Wohlbefinden:
1. Rosmarintee (anregend & kreislaufstärkend)
Hilft bei Erschöpfung, Konzentrationsmangel und niedrigem Blutdruck
- 1 TL getrocknete Rosmarinblätter
- 250 ml heißes Wasser
- 5–8 Minuten ziehen lassen
- 1–2 Tassen täglich, am besten vormittags trinken
2. Rosmarinöl (äußerlich für Muskeln & Durchblutung)
- 100 ml Trägeröl (z. B. Oliven-, Mandel- oder Jojobaöl)
- 10–15 Tropfen ätherisches Rosmarinöl
- Gut mischen und dunkel aufbewahren
- Bei Bedarf einmassieren (z. B. Nacken, Beine, Schultern)
3. Rosmarinbad (wärmend & belebend)
- 2 EL getrocknete Rosmarinnadeln
- Mit 1 Liter Wasser aufkochen, 15 Minuten ziehen lassen
- Absieben und dem Badewasser zugeben
- Fördert die Durchblutung, ideal bei Müdigkeit oder kalten Füßen
4. Rosmarinsalz (würzig & haltbar)
- 3 EL grobes Meersalz
- 1 EL getrocknete Rosmarinnadeln
- Im Mörser zerstoßen oder im Mixer grob mahlen
- In ein Schraubglas füllen – ideal für Fleisch, Kartoffeln, Brot
5. Rosmarinessig (aromatisch & dekorativ)
- 2–3 frische Rosmarinzweige
- In eine saubere Flasche mit Weißweinessig geben
- 2–3 Wochen ziehen lassen, gelegentlich schütteln
- Passt zu Salaten, Gemüse, Wildgerichten
6. Rosmarin-Zitronen-Butter (sommerlich frisch)
- 100 g weiche Butter
- 1 TL gehackte Rosmarinnadeln
- Schale einer halben Bio-Zitrone
- Salz nach Geschmack
- Gut verrühren, kühl stellen – perfekt zu Brot, Fisch oder Grillgemüse
7. Rosmarin-Focaccia (herzhaftes Brot)
- 500 g Mehl
- 1 Würfel Hefe (oder 1 Päckchen Trockenhefe)
- 300 ml lauwarmes Wasser
- 3 EL Olivenöl
- 1 TL Salz
- Frischer Rosmarin, grobes Meersalz, Olivenöl zum Bestreichen
- Teig gehen lassen, flach drücken, mit Rosmarin & Salz bestreuen, backen (ca. 25 Min. bei 200 °C)